Von vermeintlichen Edelfedern und ihren Macken
Der sich in der Selbstwahrnehmung vermutlich als „Edelfeder“ fühlende nebenberufliche Schreibknecht
eines Nachrichtenmagazins (im Hauptberuf arbeitet er für einen Privatsender) war früher einmal bei
einem Boulevardblatt, das manche allenfalls für geeignet halten, toten Fisch darin einzuwickeln. Es gibt
Schreiberlinge, die passen aufgrund ihrer Einstellung zu einem bestimmten Medium wie die berühmte
Faust aufs Auge. Dieser hat mit dem Magazin eindeutig den falschen Arbeitgeber.
Generell ist nichts dagegen zu sagen, wenn jemand von einer Zeitung zu einer anderen oder zu einem
Sender wechselt. Schon gar nicht dann, wenn nur reportiert, aber nicht kommentiert, nicht inhaltlich
gewertet wird. Wer über ein Fußballspiel berichtet, über die Preissteigerungen beim Speiseeis oder den
Auftrieb auf den berühmt-berüchtigten grüne Hügel in Bayreuth, kann das für jedes Medium tun.
Ein wenig anders sieht die Sache aus, wenn es sich bei den veröffentlichten Meinungen um
Kommentierungen handelt. Dazu muss der Text nicht unbedingt mit Kommentar oder gar dem noch
gewichtigeren Begriff Leitartikel überschrieben sein, sondern es kann sich auch um eine sogenannte
Kolumne handeln. So bezeichnen manche Autoren ihre Absonderungen, wenn sie ihre Meinung hinter
blumigen oder witzigen Beschreibungen (oder dem, was sie als solche empfinden) verstecken oder sie mit
derlei Schmuck aufpeppen wollen.
Beliebt sind bei manchen Verfassern solcher Texte optische Highlights, die ihnen vor allem dann einen
hohen Wiedererkennungswert garantieren, wenn solche Kolumnen-Produzenten zur Befriedigung der
persönlichen Eitelkeit oder zur Werbung für ihr Medium sich oft in Labersendungen hocken oder darin
platziert werden. Häufig schmücken sie sich dabei zum Beispiel mit besonders auffälligen runden Brillen.
Wen die Natur dafür begünstigt hat, der legt seine Stirn nicht nur bei vermeintlich angestrengtem
Nachdenken in möglichst kräftige Stirnfalten. Andere trainieren sich ein möglichst hochnäsiges Grinsen
an oder setzen das ihnen von der Natur gegebene serienmäßig auf. Noch wirkungsvoller im Sinne von
auffällig ist eine spezielle Frisur. Dabei wird der Kopf an den Seiten rasiert, so dass nur noch in der
Mitte von der Stirn bis in den Nacken ein Streifen Haare stehen bleibt. Der wird mit künstlichen
Mitteln senkrecht nach oben stabilisiert, häufig bunt gefärbt und Irokesenschnitt genannt – Kurzform
„Iro“. Aber Vorsicht: Dieser Iro ist nicht zu verwechseln mit dem, was einige Etagen tiefer liegt und
auch so genannt, aber besser und eindeutiger als „Landing Strip“ (von englisch „Landebahn“) bezeichnet
wird und umgangssprachlich eine bestimmte Form der Intimrasur meint, bei der das Schamhaar bis auf
einen mittigen Streifen rasiert wird. Über derlei Vorlieben ist bei den Kolumnisten und Kolumnistinnen
nichts bekannt.
Übrigens: Namen finden sich in diesem Text keine, weil sich in der Branche der Juristen ganze
Heerscharen darauf spezialisiert haben, für ihre Mandanten „Schmerzensgelder“ zu erklagen, wenn die
in einem Zusammenhang genannt werden, in dem sie nicht erscheinen wollen.