Internet-Besteller sind nicht alleine schuld
Das Vorurteil ist schnell bei der Hand, wenn es um die Gründe für den Niedergang der Geschäftswelt in
den Stadt- und Ortskernen geht. Und es mag auch ein Körnchen Wahrheit darin liegen, dass allzu
bequeme Einkäufer lieber vom heimischen Sessel aus bestellen, als sich in den nächsten Laden zu
bewegen. Aber diese Faultiere sind nicht alleine schuld an der schon weit fortgeschrittenen und immer
noch zunehmen Verödung der früheren Einkaufsstraßen. Zwei Beispiele für andere Schuldige.
Zuerst verleitete mich die kundenabwehrende Unfreundlichkeit des örtlichen Apothekers dazu, mich nach
einer bestimmten Hautcreme im Internet umzusehen. Genau die aber sollte ich wegen meiner
Schuppenflechte verwenden, und die Proben, die mir der Hautarzt mitgegeben hatte, waren auch sehr
angenehm und vielversprechend. Aber sein Großhandel – so der Apotheker-Chef – arbeite mit dem
Hersteller nicht zusammen, also könne er die Creme nicht besorgen. Das ließ mich im Netz nachsehen.
Gleich die erste aufgerufene Seite führte nicht nur diese Creme, bei Bestellung vor Mittag sollte sie
auch schon am nächsten Tag geliefert werden – und wurde sie dann auch tatsächlich.
Mit der Erfahrung blickt man sich dann einmal ein wenig mehr in dem Angebot dieser Internet-Apotheke
um. Und was findet man: Alles, was in einem durchschnittlichen Haushalt an freien Arzneimitteln vorrätig
gehalten wird, gibt es da knapp ein Drittel billiger. Keine Frage, wo ich Kopfschmerztabletten, frei
erhältliche Cremes, Salben und dergleichen in Zukunft ordere.
Das zweite Beispiel betrifft Getränke. Bier- und Wasser kaufe ich bei einem kleinen ortsansässigen
Getränkehändler in der Nachbarschaft. Da gehe ich auch nicht fremd, wenn das Bier in einer der
Lebensmittel-Ketten als Lockangebot etwas günstiger angepriesen wird. Wein und Schnäpse hole ich in
der örtlichen Niederlassung einer Getränkekette. Das Weinangebot ist groß, aber meine Whiskey-Sorte
stand nicht mehr im Regal. Der sei nicht mehr leiferbar, erklärte mir die Dame an der Kasse.
Auch da genügte ein Blick ins Internet, um fündig zu werden. Natürlich gibt es diese Spezialität aus den
schottischen Midlands noch. Zwei Tage später wurden vier Flaschen geliefert. Der Preis pro Flasche liegt
20 Prozent unter dem, den ich bisher hier am Ort gezahlt hatte.