„Deals“ nennt sich der Ablasshandel der Justiz
Ablass oder Indulgenz (auch römische Gnade genannt) ist ein Begriff aus der römisch-katholischen
Theologie und bezeichnet einen von der Kirche geregelten Gnadenakt, durch den nach kirchlicher Lehre
zeitliche Sündenstrafen erlassen werden. So heißt es im allwissenden Wikipedia.
Martin Luther ordnete diese Verfahrensweise sehr eindeutig ein. Für ihn war Ablasshandel nichts
anderes als Betrug, mit dem der Eindruck erweckt werde, Sünden könnten durch den Kauf von
Ablassbriefen, also durch Zahlungen, getilgt werden. Die Kirche hat sich – zumindest weitgehend – von
diesem Handel abgewandt.
Die Justiz in diesem unserem Lande führt ihn immer mehr ein, nennt das Verfahren aber nicht Ablass,
sondern „Deal“. Dabei handelt es sich nach gängiger Definition zwar um eine Abmachung, um ein
Geschäft – aber mit dem Zusatz „zweifelhaft“. Bekannt ist der Wortstamm auch in der Beschreibung
„Dealer“, womit bislang hauptsächlich als eindeutig kriminell zu nennende Rauschgifthändler bezeichnet
wurden. Möglicherweise muss die Gruppe, die man mit dieser Bezeichnung belegt, deutlich ausgeweitet
werden.
Das hat nichts mehr zu tun mit dem Königlich-Bayerischen Amtsgericht früherer Zeiten, das für
Gerechtigkeit stand. Wenn mit „Deal“ immer öfter Abmachungen zwischen Juristen und Straftätern
benannt werden, dann finden sich logischerweise Dealer nicht nur auf der verbrecherischen Seite,
sondern auch auf der, die früher einmal eine (vielleicht auch nur vermeintlich) ehrbare war.
Zwar sind die Beweggründe für beide Seiten durchaus nachvollziehbar – die Staatsanwälte schließen
schneller Verfahren ab, Richter brauchen keine lästigen Begründungen zu verfassen und Rechtsanwälte
punkten bei ihren Klienten mit „günstigen“ Strafen. Was dabei aber den Bach runtergeht, das ist das
Rechtsempfinden des normalen Bürgers. Der wird in seiner Sicht bestärkt, dass der Staat die Kleinen
hängt, aber die Großen laufen lässt - selbst dann, wenn die so mächtig waren, dass sie eine ganze
Branche weltweit in Verruf bringen konnten.
Das ist schlimmer als der Eindruck, den vor Luther die kirchliche Praxis verbreitete. Schließlich ging es
da nur um reduzierbare Strafen in einem imaginären Jenseits, während es heute in der Justiz um das
Rechtsverständnis in unserem realen Staat geht.
Völlig daneben sind die Kommentare, die aus derlei Deals ableiten wollen, Deutschland sei eine
Bananenrepublik: Das beleidigt sämtliche Bananen dieser Welt.