Wie sich eine sonst angesehene Zeitung blamierte
Man muss kein Fan des „Opfelsoft“-Oberbayern sein, um die Art und Weise widerwärtig zu finden,
wie die bislang als verantwortungsbewusst und seriös empfundene Süddeutsche Zeitung mit einer
vermeintlichen Verfehlung des stellvertretenden Ministerpräsidenten Bayerns Auflage zu machen
versucht hat.
Ohne Hubert Aiwanger zu überhöhen, ihn für noch wichtiger zu erachten, als er eh schon ist: Die
Causa erinnert fast ein wenig an die Veröffentlichung der vermeintlichen Hitler-Tagebücher, mit der
seinerzeit der Stern seine Bedeutung in den Sand setzte.
Es ist nicht so, dass man es dem „Leitmedium“ Süddeutsche Zeitung, als das sich das Blatt nicht nur
selbst einordnet, sondern von einer großen Mehrheit gesehen wird, gönnen würde. Im Gegenteil: Es
wäre eine Affenschande, wenn die Süddeutsche Zeitung, die im Gegensatz zu vielen anderen
Zeitungen etwas links von der Mitte eingestuft wird, durch diese – völlig unverständliche –
Veröffentlichung einen ähnlichen Weg nehmen würde wie die Illustrierte aus Hamburg.
Dass ausgerechnet eine Zeitung, die unter ihren Autoren über einen derart profilierten Mitarbeiter
wie den ehemaligen Staatsanwalt und Richter, später glänzenden Journalisten Dr. Heribert Prantl
verfügt, auf einer derartigen Weise vorverurteilt, macht geradezu sprachlos.
Natürlich wäre es zwingend nötig, von Ministerpräsident Markus Söder die Entlassung seines
Wirtschaftsministers und Stellvertreters zu verlangen, wenn es denn Beweise dafür gäbe, dass
Aiwanger das Pamphlet mit rechtsextremen und antisemitischen Inhalten tatsächlich verfasst und in
der Schule verteilt hatte. Wer einen Wettbewerb erfindet, zu dem sich die Teilnehmer im
Konzentrationslager Dachau melden sollen, und für den Sieger als Preis einen „Freiflug durch den
Schornstein in Auschwitz“ auslobt, ansonsten einen „kostenlosen Genickschuss“ oder „kostenlose
Kopfamputation durch Fallbeil“, der hat weder in der Politik noch sonst in einem öffentlichen Amt
etwas verloren. Da müsste ein Staatsanwalt Anklage erheben und ein Gericht urteilen.
Allerdings – und dieser Voraussetzung ist zwingend: Nicht auf die Aussagen anonymer Zeugen. Wer
solche Vorwürfe erhebt, der muss dazu stehen und sich nicht feige verstecken. Dass Aiwanger
damals damit geprahlt haben soll, vor dem Spiegel Reden Adolf Hitlers geübt und dessen Buch „Mein
Kampf“ gelesen zu haben, reicht für die Rücktritts-Forderung bei weitem nicht. Zumal Aiwanger sich
von dem Inhalt distanziert hat und sein älterer Bruder zugibt, das Flugblatt verfasst zu haben.
Das Schriftgutachten, dass die "Süddeutsche" hatte anfertigen lassen, war zwar zu dem Ergebnis
gekommen, das Flugblatt sei „sehr wahrscheinlich auf ein und derselben Schreibmaschine“ getippt
worden wie eine Facharbeit von Hubert Aiwanger aus dem Jahr 1990. Der Großbuchstabe „W“ habe
in beiden Schriftstücken an der gleichen Stelle einen kleinen Fehler.
Großbuchstaben haben auch die Stern-Blamage aufgedeckt: Die gefälschten Tagebücher waren statt
mit dem Autorenkürzel „AH“ mit „FH“ versehen.