Wie der Bayerische Rundfunk den Aberglauben verbreitet
Der werktäglich zweistündige „Ratsch“ auf Bayern Heimat (von 10 bis 12 Uhr unter dem Titel
„Habe die Ehre“) unterscheidet sich höchst angenehm von vielen anderen Laberstunden
öffentlich-rechtlicher Geldverschwendungs-Sendeanstalten.
Experten für Garten, Kräuter, Brauchtum, Rezepte und andere Themen kommen in regelmäßigen
Abständen zur Sprache, wobei mein persönliches Highlight das ist, was der promovierte
Germanist Rolf-Bernhard Essig alles über Sprichwörter und Redewendungen zu erzählen weiß. Da
vergehen die zwei Stunden wie im Flug.
Unterhaltungen über manche Themen interessieren mich nicht besonders, aber man kann sie
anhören. Bei anderen läuft mir die Galle über. So zum Beispiel, wenn einer Autorin Platz geboten
wird, ihren ausgeprägten Aberglauben in epischer Breite zu bewerben. Das macht auch der
Umstand nicht besser, dass die Bücher der Dame sich über 14 Millionen Mal verkauft haben: Sie
beschäftigt sich mit Mondphasen und konstruiert Einflüsse des Mondstandes im Tierkreiszeichen
auf Tätigkeiten wie den Haarschnitt, das Pflanzen von Bäumen, das Ernten von Holz oder
medizinische Eingriffe und ähnliche „Verbindungen“.
Dass die Zahl verkaufter Bücher allein nicht Qualitätsnachweis herangezogen werden kann, ergibt
sich schon aus dem Umstand, dass der berüchtigte Schweizer Erich von Däniken seine
Phantastereien über frühere Besuche Außerirdischer und andere „präastronautische“ Spinnereien
in über 70 Millionen Büchern unters Volk gebracht hat. Für den erstaunlichsten pseudo-
wissenschaftlichen Unfug des Jahres und für sein Lebenswerk wurde ihm das „Goldene Brett vor
dem Kopf“ verliehen.
Eine ähnliche Bedeutung wie Dänikens Geldmach-Tricks haben die nicht anders als schwachsinnig
zu nennenden Erzählungen der Österreicherin Johanna Paungger Poppe. Dabei kann man noch
einigermaßen großzügig darüber hinwegsehen, wenn sie erklärt, wie sich der Mondkalender zum
Beispiel auf das Haareschneiden auswirkt. Auch wenn manche Frisuren eine Beleidigung fürs Auge
des Betrachters sind, wirken sie sich kaum gesundheitsgefährdend aus. Anders ist das
Geschwafel zu bewerten, für medizinische Eingriffe sei der Mondstand im jeweiligen
Tierkreiszeichen zu beachten. Das ist uralter Aberglaube in der reinsten Form.
Kritik an Astrologie ist nicht neu. Schon Ende des 18. Jahrhunderts widerlegte eine Studie die
immer wieder zu hörende Behauptung, im abnehmenden Mond geschlagenes Holz sei haltbarer als
das zu anderen Mondzeiten geschlagene. Inzwischen haben mehr als 100 Studien über weitere
„Zusammenhänge“ zwischen Mondphasen und beispielsweise Verbrechen, Unfälle, Krankheiten,
Katastrophen oder Geburtenraten eindeutig ergeben, dass es keinerlei „signifikante Korrelationen“
gibt – so nennt die Wissenschaft bedeutsame wechselseitige Beziehungen.
Anders als bei Medien, die zum Beispiel bekloppte Horoskope drucken - die aber niemand kaufen
muss -, finanzieren sich Anstalten des öffentlichen Rechts wie der Bayerische Rundfunk per
Zwangsgebühren. Und die sollten nicht für die Verbreitung vom „Aberglauben“ des Mittelalters
hergenommen werden.