Wenn Investoren hoch steigen und wieder tief fallen
Einen Investor nennt man jemanden, der Geld in ein Geschäft steckt, um damit mehr Geld zu
verdienen, als er hineingesteckt hat. Das geht manchmal gut, aber nicht immer. Investoren sind
in den meisten Fällen so sinnvoll wie ein Kropf.
Gerade bedient mit René Benko ein besonders buntes Exemplar aus der Reihe exotischer Vögel
die Schlagzeilen der Titelseiten. Nach eigenen Angaben verdiente der österreichische
Schulabbrecher schon als 18-Jähriger Geld mit dem Ausbau von Dachböden zu Luxuswohnungen.
Bald erwarb er Anteile an einem Wellnesshotel, dann mit einem Geschäftspartner zusammen eine
Liegenschaft, auf der ein Fachärztezentrum realisiert wurde. Danach ging es steil nach oben:
Weiteren Fachärztehäusern folgte das erste Kaufhaus. Was zunächst als Immofina Holding
gegründet worden war, wurde bald in Signa Holding GmbH umbenannt, unter der sich zahlreiche
Firmen sammelten, die sich auf die Übernahme von Kaufhäusern spezialisierten: Oberpollinger in
München, KaDeWe in Berlin, 15 weitere Karstadt-Immobilien und viele andere.
An dem (vorübergehenden) Erfolg änderte auch eine Verurteilung Benkos und seines
Steuerberaters wegen „versuchter verbotener Intervention“ (vulgo: Schmiergeld) nichts. Durch
den Kauf der Karstadt-Warenhauskette sowie der Galeria Kaufhof GmbH dehnte die Signa
Holding ihre Geschäfte vom Immobilieninvestment auf den Handelssektor aus, später sogar auf
den Onlinehandel und auf die Medienbranche.
Mit Hamburg wurde die „HafenCity“ verhandelt, wo für rund 700 Millionen Euro ein 245 Meter
hoher „Elbtower“ entstehen sollte. Das New Yorker Chrysler Building wurde übernommen, in
Wolfsburg sollte ein Innenstadtbereich neugestaltet werden. Zwischenzeitlich war sogar einmal
die Rede davon, Benko wolle die deutsche Funke Mediengruppe übernehmen.
Wann genau der Bruch passierte, ist nicht genau zu sagen, aber fest steht wohl, dass das
sogenannte Ibiza-Video einen Beitrag leistete. In dem war aufgenommen worden, wie zugunsten
der FPÖ über einen Tarnverein unter Verletzung der Gesetze für den Wahlkampf gespendet
wurde. In der zeitlichen Folge wurden von verschiedenen Medien und Institutionen die ständig
steigenden Bewertungen der Benko-Immobilien angezweifelt. Zugleich begann der Kurs der Aktie
einzubrechen. Mehrere hundert Millionen Euro Staatshilfe wurden Sigma nachgeworfen, um einen
drohenden Kollaps der Firma abzuwenden, deren Wert zu dem Zeitpunkt noch mit über 20
Milliarden angegeben wurde.
Benkos Vermögen soll 2014 bei der damaligen Karstadt-Übernahme 850 Millionen Euro betragen
haben, 2021 sei es laut Forbes bei 5,6 Milliarden gelegen.
Jetzt wird wegen Insolvenzverschleppung gegen ihn und seine Verantwortlichen ermittelt.
Der Börsen- und Finanzexperte André Kostolany fasste im Alter von über 90 Jahren einmal seine
Erfahrungen in dem Satz zusammen: Ich kann Ihnen nicht sagen, wie man schnell reich wird; ich
kann Ihnen aber sagen, wie man schnell arm wird: indem man nämlich versucht, schnell reich zu
werden.