Von der Partei der wirklich Liberalen zur Klientel-Lobby
Wieder einmal aufgefallen ist unlängst das Bundes-Ministerium der Finanzen mit Christian Lindner,
dem Vorsitzenden der FDP an der Spitze. Eine als Ministerialrätin hoch angesiedelte und
entsprechend dotierte Dame aus seinem Finanzministerium hatte vor einer handverlesenen und durch
den Tagesticketpreis von 1400 Euro gesiebten Schar in einem Vortrag darüber aufgeklärt, an
welchen Stellen die neuen Steuergesetze Lücken haben und sich aushebeln lassen. Zitat: „Wir haben
ja Werkzeugkästen, jedenfalls habe ich eine ganze Menge.“
Das ist Klientel-Politik vom Feinsten, sprich vom Allerfiesesten.
Was ist nur aus der guten alten Partei der wirklich Liberalen geworden, die zum Beispiel Theodor
Heuss als ersten Vorsitzenden, später erster Bundespräsident, oder Thomas Dehler als ersten
Bundesjustizminister in ihren Reihen hatte?
Deren zutiefst liberaler Eindruck änderte sich mit einigen seltsamen Figuren: Spontan in Erinnerung
springt der Luftikus (im wahrsten und tragischen Sinne des Wortes) Jürgen Möllemann mit
seltsamen Verbindungen in den Nahen Osten.
Und dann gab es bei der FDP mit Dirk Niebel einen Politiker, der sich als Teppichimporteur
versuchte und das gute, im Nahen Osten erworbene Stück vom Flieger des
Bundesnachrichtendienst-Chefs unter der Schranke des Zolls hindurch nach Deutschland
transportieren ließ. Der hat nach dem (leider freiwilligen) Ausscheiden aus der Politik den kostbaren
Bodenbelag jetzt vermutlich in Büro seines neuen Arbeitsgebers liegen, eines
Kriegswaffenherstellers, für den sich der Politiker jahrelang als Lobbyist warmgelaufen hatte.
Da hat er einen entscheidenden Schritt seiner Partei-Kollegin voraus, deren an eine Sturmhaube
erinnernden grauen Haarschopf sie in vielen Talkshows wie möglich trotzig-stolz in die Kamera
reckt. Die aus dem Dorf am Rhein mit „D“ stammende doppelte Doppelnamenträgerin Marie-Agnes
Strack-Zimmermann legt sich nicht weniger deutlich für Waffenproduktion (und -export) ins Zeug
als ihr Fliegender-Teppich-Kollege, will aber nicht von der Politik in die Wirtschaft wechseln.
Leider. Zumindest noch nicht. Sie will nach Brüssel, von den bundespolitischen an die europäischen
Fleischtöpfe.
Ihr aktueller Partei-Vorsitzender Christian Lindner hat sich besonders hervorgetan mit einem
hehren Grundsatz, den er aber nicht lange durchhielt, sondern inhaltlich ins Gegenteil kehrte. Um
die heutige Arbeit seiner Partei (oder sollte man deutlicher sagen: Lobbyistentruppe?) zu
beschreiben, müsste man formulieren: lieber schlecht regieren als gar nicht.
Beim Belasten der Partei durch schlechte Arbeit wird der Porsche-Fan Lindner unterstützt von
Wolfgang Kubicki, einem Gesinnungsgenossen, einem Bruder im Geiste, der sich höherer
Nebeneinnahmen wegen eher leisten könnte, mit den „Großen zu pinkeln“ – sich aber dennoch lieber
wegen eines zweistündigen Interviews zu einer Karibik-Kreuzfahrtschiff-Woche einladen ließ. Mit
Ehefrau versteht sich.