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Hebertshausen heißt die absolut vorbildliche Gemeinde Nur rund 6.000 Einwohner hat das oberbayerische Dorf im Landkreis Dachau, das prädestiniert ist, als Vorzeige-Gemeinde für die gesamte Republik zu dienen. Es wird von der ansonsten bei den vergangenen Wahlen eher gebeutelten CSU mit absoluter Mehrheit regiert: mit 11 von 20 Sitzen (SPD 3, FBB 6). Zum Gemeinderat gehört qua Amt auch der getrennt gewählte Bürgermeister. Richard Reischl von der CSU erreichte bei der Wahl 2020 fast 90 Prozent der Stimmen. Deutschlandweit bekannt gemacht hat den Ort ein Bericht des WDR-Magazins „Monitor“, in dem der vorbildliche Umgang mit Geflüchteten dargestellt wurde. Während der behördliche Schlüssel lediglich 40 Fremde zuweisen würde, sehen Bürgermeister und Bewohner die aktuell 234 Flüchtlinge nicht – wie viele andere Orte - als furchtbare Belastung, sondern die Herausforderung zur Integration vor allem als Chance. Wo andere Bürgermeister und Landräte Alarm schlagen und Brandbriefe schreiben, in vielen Gegenden nicht nur, aber ganz besonders von der rechtsextremen AfD Ängste vor angeblicher Überfremdung geschürt werden, kümmert sich eine halbe Autostunde von der Landeshauptstadt München entfernt ein ungemein rühriger ehrenamtlicher Helferkreis unter der Leitung eines Rentners (Peter Barth) um das, was nicht nur nach Meinung des Bürgermeisters eigentlich eine staatliche Aufgabe wäre: den Bewohnern der Asylunterkünfte bei Amtsschreiben, Besichtigung von Wohnungen, Arztbesuchen und vor allem der Jobsuche behilflich sein. Wenn es in Hebertshausen auch vereinzelt Ängste geben mag wegen der vielen jungen Männer, die den Ort bevölkern, sinkt die Kriminalstatistik doch seit Jahren. Unter anderem auch das erkläre die gesellschaftliche Akzeptanz der Geflüchteten, ist der Bürgermeister überzeugt. Dazu müssten die so schnell wie möglich in Lohn und Brot gebracht werden. Das verbessere ihr Leben und entlaste zudem die Sozialkassen spürbar. Obwohl sicher der größte Teil der Bemühungen von ehrenamtlichen Helfern ausgeht, spielt der Bürgermeister eine wichtige Rolle. Über die Aktivität in Sachen Flüchtlinge hinaus ist er als unorthodoxer Streiter für Menschlichkeit und pragmatische Lösungen bekannt, fördert Bürgerbeteiligungen sehr, spricht mit Handwerkern und Unternehmen und beklagt massiv, wie unsinnig Arbeitsverbote sind. Die Monitor-Sendung über die gelungene Integration hat für einiges Aufsehen gesorgt. 3,5 Millionen Zuschauer haben sie gesehen, und während den Beitrag davor über Frieden in Israel im Internet nicht einmal 150 kommentierten, waren es zum Hebertshausen-Bericht mehr als 12.000. Das Thema bewegt gewaltig. Das Dorf ist in der großen Politik bekannt - wenn die Einträger in das Goldene Buch der Gemeinde nicht nur körperlich, sondern auch mit offenen Augen und Ohren im Ort waren: CSU- Ministerpräsident Dr. Markus Söder steht drin, Manfred Weber als Mitglied des Europäischen Parlaments und Vorsitzender deren EVP-Fraktion sowie Landtagspräsidentin Ilse Eigner (CSU). Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Landeschef der Freien Wähler), Karl Freller (CSU) als Landtagsvizepräsident sowie Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Die Bündelung der letzten drei prominenten Besuche allein in diesem Jahr ist nicht unbedingt der Vorbildfunktion des Ortes in Sachen Asyl zuzuschreiben, sondern dürfte nur den üblichen Tourneen vor der Landtagswahl geschuldet gewesen sein. Leider.
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