Die Schuld darf keinesfalls einseitig zugewiesen werden
Nicht erst seit dem widerlichen Angriff der Hamas auf Israel werden Ursachen und Wirkung,
werden große Gruppen und kleine Teilmengen hemmungslos vermischt – und wird zugleich die
negative Bedeutung der Religionen für die Auseinandersetzungen heruntergespielt.
Die Hamas ist ohne jeden Zweifel eine Terrororganisation, deren Aktionen gegen Frauen und Kinder
an Unmenschlichkeit kaum zu fassen sind. Aber die Hamas darf nicht gleichgesetzt werden mit den
Bewohnern Palästinas.
Dem Staat Israel ist sicher jedes Recht der Welt zuzusprechen, sich gegen Angriffe auf sein
Territorium zur Wehr zu setzen. Aber bei dem, was vorher und (unter anderem) Ursache für die
Terrorangriffe der Hamas war und was Israel mit dem harmlos klingenden „Siedlungsprojekte“
umschrieben hat, handelte es sich um nichts anderes als Verstöße gegen das Völkerrecht. Bei den
sich daraus und aus den Reaktionen der Palästinenser ergebenden Kämpfen waren die kriegerischen
Handlungen der Israelis ebenfalls Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Es ist unverantwortlich und völlig falsch, die Taten den „Juden“ anzukreiden. Damit werden die
Angehörigen des jüdischen Glaubens bezeichnet. Die Einwohner des Landes heißen Israelis. Auch
wenn in deren Religionen – hier Islam, da Judentum – letztlich der Grund für die Feindseligkeiten
steckt: In die mörderischen Kämpfe hetzen verbrecherische Anführer Menschen gegeneinander.
Unser Rechtsstaat hat den Schutz jüdischen Lebens zu garantieren und mit aller Härte gegen
antisemitische Auswüchse vorzugehen. Bund, Länder, Gemeinden, Polizei und Staatsanwaltschaften:
Die zuständigen Behörden müssen den rechtlichen Rahmen voll ausnutzen und mit aller gebotenen
Härte gegen Antisemiten und deren Proteste vorgehen. Auch die offen zur Schau getragene
Billigung einer Straftat ist in Deutschland strafbar.
Aber das hat nichts zu tun mit Demonstrationen gegen den Staat Israel. Die sind keinen Deut
weniger gerechtfertigt als solche gegen die Hamas. Und sie sind ebenso nötig.
Klar ist auch: Wer zu uns nach Deutschland kommt, um auf den Straßen gegen jüdisches Leben zu
hetzen, ist hier nicht willkommen. Erst recht muss eine Einbürgerung von Antisemiten verhindert
werden. Aber ebenso muss ausgeschlossen werden, dass erklärte Islamgegner eingebürgert werden.
Deren generelles Ausbürgern ist leider nicht möglich – auch wenn sich auf diese Weise sehr elegant
die Partei der extremen Rechtsaußen quasi von allein erledigen würde.
Religionen sind absolute Privatsache jedes einzelnen Menschen und müssen als solche allerhöchsten
Schutz genießen. Und zwar alle: Ob jemand sich dem Christentum zurechnet, dem Islam, dem
Hinduismus, Buddhismus, Judentum oder dem Pastafarismus, also das fliegende Spaghettimonster
verehrt, ob er als Atheist davon überzeugt ist, dass es keinen Gott gibt, oder sich als Agnostiker
ein Hintertürchen aufhält, dass es keinen Gott geben muss, aber durchaus einen geben kann – das
alles darf für niemanden sonst eine Rolle spielen. Auch nicht für den Staat – dem es verboten sein
müsste, für die eine oder andere Kirche aktiv zu werden: weder durch Einzug von Kirchensteuern
noch durch Zahlung kirchlicher Würdenträger aus Steuermitteln.