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Das war der Fußball-Nachmittag des Jahrzehnts Einen derart spannenden Fußball-Nachmittag erlebt man nicht oft, eigentlich war er sogar absolut einmalig. Schönes Wetter, erstklassige Mannschaften, taugliche Schiedsrichter – und Zuschauer, die mit zunehmendem Verlauf der spannenden Handlung auf dem Rasen immer mehr außer Rand und Band gerieten. Das sind Erlebnisse, die kann man vielleicht auch am Fernseher mitfeiern. Notfalls. Allerdings hält eine solche mittelbare Teilnahme keinen Vergleich aus zum realen Augenblick: Dabeisein ist alles. Auch wenn zu beklagen ist, dass die Zuschauerkulisse in dem absolut traumhaften Ambiente vor der heimischen Kulisse durchaus noch ein paar Köpfe mehr vertragen hätte. Der dafür nötige Platz wäre zu finden gewesen – auch wenn die erste Garnitur aus Politik und Verwaltung durchaus zahlreich vertreten war. Der ranghöchste (und möglicherweise auch schwergewichtigste) Zuschauer nahm am Ende des Spiels kein Bier-Bad, sondern genoss das köstliche Nass aus einem Stiefel. Aber vielleicht lag das nicht ganz so ausgeprägte Interesse an diesem Endspiel daran, dass niemand mehr richtig an den Erfolg geglaubt hatte. Es war nicht so, dass die elf Freunde auf dem Rasen in den vorangegangenen Spielen eine schlechte Leistung gezeigt hätten. Im Gegenteil: so gut wie alle anderen wäre froh, wenn sie wenigstens gelegentlich in einem solchen Niveau würden aufspielen können. Nur hat es sich leider eingebürgert, dass an diese Mannschaft ganz besonders hohe Anforderungen gestellt werden. Allen Unkenrufen zum Trotz: Nach etwas mehr als 90 Minuten war es endlich geschafft, und Spieler wie Zuschauer fielen sich in die Arme: Unterammergau, das der lokale Berichterstatter mit nicht unerheblichem Stolz als das „gallische Dorf“ mitten in Oberbayern bezeichnet, ist zum ersten Mal in der 53-jährigen Vereinsgeschichte in die Kreisliga aufgestiegen. Ach ja, im restlichen Deutschland haben noch ein paar Mannschaften mehr gegeneinander gespielt. Aber bei den Ergebnissen gab es keine Überraschungen – die Großkopfeten von der Säbener Straße holten den Pott, wie nicht anders zu erwarten war: ein Ergebnis aus der Unterhaltungsindustrie, die kaum noch etwas mit Sport zu tun hat. Dementsprechend war zum Teil schon vor dem Spiel das geschäftliche Treiben in den alten Bahnen reiner Kommerzbetriebe gestartet und Vorstandsvorsitzender und Sportdirektor wenig stilvoll in kurzen Telefongesprächen entmachtet worden. Dem ersten Mann an der Front soll bei der Gelegenheit sogar die Teilnahme als Zuschauer am Endspiel und an der Meisterfeier seinerl „Jungs“ verboten worden sein.
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