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Bauern auf Feldern und Landwirte am Schreibtisch Niemand sollte ernsthaft daran zweifeln, dass „kleine Bauern“, die ihr Geld mit schwerer Arbeit auf dem Feld verdienen, hart getroffen werden vom Abbau der Subventionen – was allerdings nichts daran ändert, dass solche „Geschenke“ in allen Branchen grundsätzlich reduziert werden müssen. Wichtig ist zu unterscheiden zwischen solchen Bauern, die noch so ähnlich arbeiten, wie der Landmann früher in Lesebüchern beschrieben wurde – und einigen Landwirten moderner Prägung, deren Arbeit hauptsächlich am Computer stattfindet, wo sie Zuschussanträge ausfüllen. Der „normale Bauer“ nutzt im Durchschnitt 63 Hektar landwirtschaftlich, kommt im Nebenerwerb auf gerade mal zwei Hektar. Von solchen Flächen sind Großbetriebe weit entfernt. In Mecklenburg-Vorpommern liegen die Flächen pro Betrieb zwischen 140 und 280 Hektar. Das ist industrielle Landwirtschaft, Agrar-Industrie. Wenn man einen durchschnittlichen Gewinn von 500 Euro pro Hektar zugrunde legt (in Nordrhein- Westfalen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz liegen die Zahlen zwischen knapp 600 und deutlich über 700 Euro), dann macht das Gewinne vor Steuern von 70.000 bis 140.000 Euro – nach Abzug aller betriebsbedingten Kosten. Ärgerlich ist der Umstand, dass der ehrenwerte Bauernstand in der Öffentlichkeit sehr oft von Funktionären vertreten wird, die mit dem durchschnittlichen Landwirt nichts gemein haben – aber sowohl die Meinungsführerschaft über ihre Kollegen als auch in der öffentlichen Wahrnehmung ausüben. Joachim Rukwied ist ein solches Beispiel. Der Diplom-Ingenieur für Agrarwirtschaft ist nicht nur „Landwirt“ (oder vielmehr Agrar-Großindustrieller auf 290 Hektar eigenem Land sowie mit weiteren 240 gepachteten) und Agrarfunktionär aus Baden-Württemberg, sondern als Präsident des Deutschen Bauernverbandes auch noch mit mehreren Aufsichtsratposten ausgestattet. So soll er nach Recherchen des Magazins Monitor im Jahr 2020 allein durch derartige „Neben“- Tätigkeiten 167.000 Euro eingenommen haben. Um die Verhältnisse in einen anderen Berufszweig zu übersetzen, könnte man – nur leicht zugespitzt – formulieren: Das ist so, als sollte der Vorsitzende des Aufsichtsrates eines großen Kriegswaffenherstellers die Interessen des örtlichen Dorfschmiedes vertreten. Das ist vielleicht theoretisch möglich, aber auch sinnvoll? Bei derart verschrobenen Interessenvertretungen bleibt es nicht aus, dass ein bäuerlicher Mob sich so aufwiegeln lässt, nicht nur völlig unverhältnismäßig den Straßenverkehr in einem Maße lahmzulegen, wie die Traktor-Fahrer es noch kurz zuvor „gelb-grün versifften Festklebern“ vorgeworfen hatten. Sogar Vizekanzler Robert Habeck wurde körperlich so angegriffen, dass er von der Polizei durch den Einsatz von Pfefferspray geschützt werden musste. Wenn Bauernproteste durch Plakate zu einem Generalstreik aufrufen, damit „die Ampel ausgehe“, dann ist die Nähe zu Rechtsaußen überdeutlich.
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