Auch die Würde von Häftlingen ist unantastbar
Der Beginn des Grundgesetzes lässt keine Frage offen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu
achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Und alle Strafgefangenen sind
Menschen, wie unmenschlich auch immer ihre Tat im Einzelfall gewesen sein mag.
Ob das die verantwortliche Leitung des Knasts in Gablingen bei Augsburg beherzigt hat, wird am Ende
ein Gericht entscheiden. Bis dahin gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung. Die Untersuchungen
richtigen sich gegen die stellvertretende Leiterin der Justizvollzugsanstalt sowie gegen einzelne
Bedienstete.
Ausgelöst war die Untersuchung durch die Anzeige der Anwältin zweier Mandanten. Demnach waren die
beiden Insassen nackt in sogenannten BGH-Zellen (besonders gesicherte Hafträume) untergebracht
worden und hatten dort ohne Decken auf dem rauen Betonboden bei ständiger Dunkelheit ausharren
müssen.
Solche Foltermethoden bringt man normalerweise eher mit dem berüchtigten Lager der Guantánamo
Bay Naval Base auf Kuba in Verbindung. Allerdings weiß man durch die legendären Elektroschock-
Experimente Stanlay Milgrams spätestens seit 1961, wie schnell ganz normale Menschen zu
hemmungslosen Folterknechten werden können. Solche Tests wurden seither verschiedentlich
wiederholt – mit zwar leicht unterschiedlichen Versuchsanordnungen, aber deshalb leider mit nicht
weniger erschreckenden Ergebnissen.
Vor fast zehn Jahren übernahm die Leitung den Betrieb des für 105 Millionen Euro errichteten Neubaus,
der zumindest als Bayerns, vielleicht sogar als Deutschlands modernste Justizvollzugsanstalt galt und
Platz für 609 Häftlinge vorwiegend in Einzelzellen bietet.
Inzwischen hat auch ein Pfarrer Vorwürfe gegen die JVA-Führung erhoben, und sehr deutlich wurde eine
ehemalige Gefängnisärztin, die sehr ausführlich und genau die geradezu unglaublichen Zustände
beschreibt und eindeutig „Folter“ nennt.
Zu den prominentesten Insassen zählte ein gelernter Koch, der im Rotlichtmilieu viel Geld gemacht hatte
und sich von einem Prinzen adoptieren ließ, um sich seither mit dem Titel zu schmücken (gleichwohl
meist nur PP für Puff-Prinz genannt wurde); ein Ex-Rüstungsstaatssekretär, der sogar einmal Präsident
des Bundesamts für Verfassungsschutz war, dann aber wegen Vorteilsannahme und Steuerhinterziehung
sowie betrügerischen Bankrotts und Betrugs verurteilt wurde; sowie nicht zu vergessen der vielleicht
berüchtigtste Rüstungslobbyist der Nachkriegszeit, der an mehreren politischen Affären beteiligt war
und als eine der Schlüsselfiguren gilt in dem Sumpf um Schmiergeldzahlungen einerseits sowie um die
CDU-Spendenaffäre um Einheits-Kanzler Helmut Kohl und Langzeitrekord-MdB Wolfgang Schäuble, die
beide ihr Wissen mit ins Grab genommen haben.