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„Alte Leute benutzen lieber Stoff-Taschentücher“ Den Spleen habe ich schon immer, bin aber noch nie so nett darauf hingewiesen worden. Die Helferin in der Zahnarztpraxis meines Vertrauens hatte den Zahnstein entfernt, eine Politur aufgetragen und die Uhr eingeschaltet: Ich sollte die Paste drei Minuten einziehen lassen, dann könne ich den Mund spülen – und reichte mir einige Papiertaschentücher, deren Benutzung ich aber abwies, indem ich aus der rechten Hosentasche ein weißes Stoff-Taschentuch hervorzog, was sie zu der sehr spontanen Feststellung veranlasste: Ach ja, alte Leute haben Stoff-Taschentücher. Die junge Frau, aus einem Land des fernen Ostens stammend, das sich durch eine ausgesuchte Freundlichkeit auszeichnet, korrigierte sich augenblicklich. Versuchte es zumindest, ein wenig verlegen und entschuldigend kichernd: Ich meine nicht alte Leute, sondern generell die ältere Generation. Und setzte dann völlig überflüssig und wahrheitswidrig hinzu: Alt bin ich ja auch schon. Schon klar und den absolut zutreffenden Umstand sehr schön formuliert, auf jeden Fall, was mich betrifft. Ich gehe nie aus dem Haus, ohne zwei unbenutzte weiße Taschentücher in der rechten Hosentasche zu haben und ein großes buntes in der linken. Schnupftabak-Genießer wissen, wann das große zum Einsatz kommt und warum es unbedingt farbig sein sollte. Andere können es sich vorstellen - Schnupftabak ist dunkelbraun. Die weißen Stoff-Taschentücher aus der rechten Hosentasche benutze ich zum Beispiel dann, wenn ich husten oder niesen muss. Die Vorstellung, der immer wieder zu hörenden Empfehlung zu folgen, das in die Armbeuge zu tun, halte ich für ebenso unappetitlich wie dämlich. Wie sieht es aus, wenn der Schnodder, der gelegentlich beim Niesen aus der Nase oder dem Rachen geschleudert wird, anschließend am Arm auf dem Stoff des Hemdes, des Jacke oder des Sakkos klebt? Um wieviel hygienischer ist es, zum Auffangen ein Taschentuch zu nehmen und das anschließend zusammengefaltet wieder in die Hosentasche zu schieben? Wer jemals versucht hat, einen kräftigen Nieser in ein Taschentuch aus Papier zu entsorgen, der wird erfahren haben, wie sich die Zellulosefasern weigern, die mit einiger Macht auftretenden Flugobjekte aufzunehmen: Bei dem explosionsartigen Ausstoß von Luft durch die Nase, oft zugleich auch aus dem Mund, werden Sekrete aus der Nase sowie Staub und andere Fremdstoffe mit bis zu 160 km/h in die Umgebung geschossen. Wer versucht, zum Beispiel durch das Zuhalten der Nase, einen sich anbahnenden Nieser zu unterdrücken, der tut sich keinen Gefallen: Das kann zu Rissen in Blutgefäßen und sogar zum Platzen des Trommelfells führen. Erstaunlicherweise sind Taschentücher noch nicht DIN-geregelt, aber natürlich finden sich im allwissenden World Wide Web Empfehlungen: Sie haben traditionell unterschiedliche Größen. Die für Herren messen 40 mal 40 Zentimeter, solche für Damen und Kinder haben dagegen nur eine Kantenlänge von 20 bis 25 Zentimeter. Sie bestehen aus Baumwolle, können bei hohen Temperaturen gewaschen werden und haben zwar in der Herstellung einen etwas schlechteren „ökologischen Fußabdruck“, gleichen das aber durch die lange Lebensdauer locker wieder auf und reduzieren das Müllaufkommen.
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